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Josef Weinheber in Kürze.
Nach einem Artikel von Friedrich Jenaczek für das geplante Bio-bibliographische Lexikon der Literatur Österreichs, hrg. von
Herbert Zeman, leicht gekürzt und aktualisiert.
WEINHEBER, Josef (9. 3. 1892 Wien - 8. 4.
1945, Kirchstetten a. d. Westbahn). Über sein
Leben und seine Dichtungen kursieren zäh
anhaftende Mißverständnisse und Legenden; erst
die Erforschung des seit 1976 in der
Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrten
Nachlasses führte in der kommentierten
Neuausgabe der Sämtlichen Werke, 1970ff., zu
gesicherter Kenntnis. Weinheber ist der
voreheliche Sohn eines „Kellners und einer
Weißnäherin"; nach der Trennung ihrer Ehe wird
er abgegeben in eine Anstalt für schwer
erziehbare Kinder, nach dem Tod des Vaters,
1901, untergebracht im Hyrtl'schen Waisenhaus
in Mödling bei Wien. Hier - die Mutter starb 1904
- besucht er das Gymnasium, 1903 bis Februar
1908. Dann verliert er wegen eines
ungenügenden Zeugnisses den Freiplatz an der
Schule. Weinheber ist schon, während er noch in
der Pferdemetzgerei seiner Tante arbeitet (1908-
1910), unter dem Schock der Deklassierung, um
seine Weiterbildung bemüht. Diese Möglichkeit
bietet ihm das in unmittelbarer Nähe gelegene
Ottakringer „Volksheim", eine Gründung
sozialistischer Dozenten der Wiener Universität,
die erste und bedeutendste Volkshochschule im
deutschen Sprachraum; ihr Ziel ist es, "die Hörer
zum Selbstdenken zu erziehen". Außerdem
besucht Weinheber die Abendschule des Vereins
"Freies Lyceum" im VII. Wiener Gemeindebezirk,
um sich auf die Gymnasialmatura vorzubereiten
(die er allerdings nicht absolviert). Seit 1910
wohnt er in der Ottakringer Wohnung der
Lehrerswitwe Marianne Grill, der Mutter eines
ehemaligen Waisenhauskameraden, die ihn als
Ziehsohn aufgenommen hat.
Seit 1911 dient Weinheber als Beamter in der
Wiener Post- und Telegraphendirektion (zuletzt,
1932, als Technischer Inspektor). 1918 tritt er
aus der katholischen Kirche aus. Eine erste Ehe
(1919/20), mit Emma Fröhlich (geb. 1889), der
Gefährtin seit 1917, scheitert, weil die Frau sich
ein Kind wünscht, während eine andere Bindung
als an seine Kunst Weinheber unerträglich
erscheint (vgl. das Drama Genie, 1918, SW I/1).
Eine zweite Ehe geht Weinheber 1927, mit
Hedwig Krebs, geb. Oberst (1885-1958), einer
Amtskollegin, ein. Aus diesem Anlaß konvertiert
er zum Protestantismus. Er übersiedelt in die
Wohnung der Frau im III. Wiener Gemeindebezirk
(Rudolf von Alt-Platz). Gemeinsame Reisen,
1925-1931, in Mittelmeerländer, werden
insbesondere durch das Erleben der Kunst
Michelangelos wichtig. 1936, in der
Anfangsphase seines plötzlich eingetreten
"Ruhms", kauft Weinheber von der Dotation des
"Mozart-Preises" das Landhaus "Aigenhof" in
Kirchstetten in Niederösterreich. In den Jahren
1936 bis 1940 lernt Weinheber auf ausgedehnten
Lesereisen viele Landschaften bzw. Städte
Deutschlands kennen.
1931-1934 ist er Mitglied der österreichischen
NSDAP, 1933/34 wirkt er in dem
nationalsozialistisch gesteuerten "Kampfbund für
deutsche Kultur" als Schrifttums-Fachberater.
Dennoch: daß Weinheber zeitweilig "dem
Nationalsozialismus nahestand", solche oder
ähnliche Pauschalbehauptungen simplifizieren das
Phänomen der Wirkung Weinhebers in der Zeit
des "Dritten Reichs". Sein Engagement für eine
"nationale Erneuerung" ist nicht auf eine
Annäherung an ideologische Positionen des
Nazionalsozialismus gegründet. Schon sehr früh
beginnt er kritisch auf Distanz zu dem
"nationalen" Schriftstellermilieu in Österreich zu
gehen, spätestens 1936 dehnt er dieses kritische
Bewußtsein auch auf Hitler-Deutschland selbst
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