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aus, er entwickelt sich zum "Anschluß"-Gegner.
Zeitgenössischen Zeugnissen, wie dem Bericht
W. Th. Andermanns (d. i. Walter Thomas
[1]), ist zu entnehmen, daß, auch wie Weinheber
sich dem Druck zu entziehen sucht, den
Funktionäre der NS-Herrschaft nach dem
"Anschluß" auf den berühmten Dichter ausüben.
Nicht immer mit Erfolg: wiederholt sieht er sich
genötigt, in politischem Auftrag
Gelegenheitstexte zu verfassen und Auftritte mit
offiziösem Propaganda-Anstrich zu absolvieren.
Jede Untersuchung der Fragen, die mit
Weinhebers publizistischer Praxis und öffentlich-
politischer Präsenz zusammenhängen, hätte
komplexe literatursoziologische Sachverhalte zu
erwägen und die evidente Differenz zur
poetischen Praxis und Präsenz genau zu
berücksichtigen. In den vierziger Jahren nähert
sich Weinheber einem gläubigen Katholizismus
an, zu der geplanten formellen Re-Konversion ist
es vor seinem Tod nicht mehr gekommen.
Weinheber stirbt an einer Dosis Morphium, der
seine vom Alkohol geschwächte Konstitution nicht
mehr gewachsen ist. "Problematisch war alles an
seiner so irreführenden wie überzeugenden
Persönlichkeit, Zwiespalt aus einem Guß: ein
waschechter Wiener, von seinem reinen
Deutschtum besessen; ein Intellektueller mit
überempfindlichen Nerven, der 'aussah wie ein
Stier', ein Ästhet, der sich als Naturbursch gab;
ein unrettbarer Pessimist, unerlöst durch seinen
quicken Humor; ein Künstler
von beispielhafter Selbstzucht,
hemmungslos dem Trunk
verfallen, 'mit Wirkungen, die
nicht mehr weit vom Irrsinn
lagen'; auf Adel und Würde
pochend, doch ein Plebejer nach
Kern und Schale" (Ernst Stein
[2]).
Auszeichnungen: Preise der
Stadt Wien (1925) und der
Julius Reich-Dichterstiftung
(1930); Ehrenring der deutsch-
österreichischen
Schriftstellergenossenschaft für
1934 (1935); Mozart-Preis der
Goethe-Stiftung durch die
Universität München (1936);
Professor h. c. (1936);
Laienprüfer bei der I.
juridischen Staatsprüfung
(1940); Grillparzer-Preis der
Stadt Wien (1941); Ehrenring
der Stadt Wien (1942); Dr. phil.
h. c. der Universität Wien (1942). [Ehren-
]Präsident der Hölderlin-Gesellschaft in Wien
(1943); Ehrenmitglied der Akademie der
bildenden Künste in Wien (1942), des Wiener
Männergesang-Vereins (1943), der Wiener
Hamerling-Gesellschaft; Senator der Deutschen
Akademie für Dichtung in Berlin (1944).
Weinheber ist künstlerisch vielseitig begabt, sehr
musikalisch, betätigt sich zeitlebens
auch als Maler (insbes. Miniaturen).
Gedichte schreibt Weinheber seit 1912,
zunächst von Wildgans, Dehmel,
Rilke und Walt Whitman beeinflußt.
Auch ist bekannt, daß er damals
Schopenhauer, Nietzsche, Platon,
Marc Aurel, Karl Kraus' Fackel, Otto
Weininger, Auguste Forel, David
Friedrich Strauß, Prentice Mulford,
Walter von Molos Schiller-Roman
liest bzw. gelesen hat. Diese erste, die
"Lautensängerperiode" lösen 1916/17
anspruchsvolle religionsphilosophische
Zyklen ab: Der Gottsucher,
Zwischen Tag und Traum, Das
Hohe Lied, Der dunkle Weg. Sie
stellen der Weltkriegs-Katastrophe den
Glauben an eine geistige
Höherentwicklung der Menschheit
entgegen. Es ist bemerkenswert, daß
dies 1916 geschieht, zur gleichen Zeit,
in der P. Teilhard de Chardin seine
Theologie der Evolution konzipiert hat.
Das Weinheber antreibende Lebensgefühl
charakterisiert eine Wendung aus einem Brief an
Emmy Fröhlich: "[...] weil ich da bin, um
vorwärtszubringen" (25. 8. 1917 [3]). Im
Gedanklichen sind diese Dichtungen den
autodidaktischen Anstrengungen der
"Volksheim"-Jahre verpflichtet, besonders aber,
zurück
weiter
(1) W. Th. Andermann: Bis der
Vorhang fiel. Berichtet nach
Aufzeichnungen aus den Jahren 1940
bis 1945, Dortmund 1947, S. 167ff.
Handschrift des Gedichtes "Das Kunstwerk",
1922/23 (Sammlung H. H. Dum)
(2) Ernst Stein: Der verblendete Seher.
Josef Weinheber: ein Epigone oder
vielleicht doch ein Klassiker?, in: Die
Zeit, Nr. 40, Hamburg, 30. 9. 1966, S.
24-25, hier S. 24, Sp. 3.