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Weinheber-Literatur
Weinheber selbst hat sich nur zu sehr wenigen
Studien über sein Werk wirklich zustimmend
geäußert, so über die ideengeschichtlich
bestimmten Porträts Erich Przywaras (1937)
[1], Johannes Kleins (1938) [2] und Fritz
Martinis (1943) [3], wohl auch über die
Kammermusik-Deutung Heinz Otto Burgers
(1942) [4]. Die erste, aus Anlaß von
Weinhebers 50. Geburtstag von seinem Verlag
in Auftrag gegebene Monographie, die Franz
Koch verfaßte (1942) [5], hat der Dichter
nachdrücklich abgelehnt. Kurz nach seinem Tod
legen Friedrich Sacher (1949) [6] und
Edmund Finke (1950) [7] monographische
Studien vor, die, aus der Perspektive der
Freundschaft und ohne wissenschaftlichen
Anspruch geschrieben, in ihren
interpretatorischen Bemühungen heute noch
Beachtung beanspruchen dürfen. Zugleich
grassiert die anekdotenüberwucherte
Erinnerungsliteratur, die, entsprechend ihren
funktionellen Kontexten, von äußerst
unterschiedlichem Wert ist (vgl. etwa die
Beiträge zu dem von Heinrich Zillich
herausgegebenen Band Bekenntnis zu Josef
Weinheber, 1950 [8]). Das Weinheber-Bild in
der breiten Öffentlichkeit wird von Josef
Nadlers Monographie (1952) [9] und von
seiner und Hedwig Weinhebers fünfbändiger
Werkausgabe (1953-1956) geprägt.
Der Literarhistoriker der "deutschen
Stämme und Landschaften" zeigt
sich dieser Aufgabe aber weder in
seiner interpretatorischen und
analytischen Leistung noch in
editorischen Belangen gewachsen, er
arbeitet verzeichnend,
trivialisierend, nachlässig und
fehlerhaft, die entscheidenden
Traditions- und Strukturlinien in
Werk und Denken Weinhebers sieht
er, in Unkenntnis der modernen
österreichischen
Literaturentwicklung, nicht. - Die
frühen Jahrzehnte bilanzieren
kritisch die Forschungsberichte von Harry
Bergholz, 1957 [10] und 1958 [11].
Über die Fortschritte, die in der von Friedrich
Jenaczek besorgten, allmählich auf der
Auswertung des gesamten Nachlasses
basierenden neuen kommentierten Ausgabe
(1970-1996, fünf Bände in sechs Büchern) erzielt
wurden, orientiert das Nachwort zu Band I/1 [12]
sowie das Autoreferat des Herausgebers in der
Zeitschrift Codices manuscripti (jeweils 1980)
[13]. Seit den frühen achtziger Jahren
beherrschen die Diskussion in zunehmendem
Maße ideologiekritische Bemühungen, die
weniger aus einem literarhistorischen
Interesse an den Texten als aus
vergangenheitspolitischen Motivationen
unternommen werden. Es geht um den
Nachweis von "politischen Verstrickungen"
Weinhebers in der Ära des
Nationalsozialismus und um deren
vermeinten weltanschaulichen und
ästhetischen Niederschlag im
Gedichtschaffen. Einige umfangreiche
Darstellungen beleuchten den
österreichischen Literatur- und Kulturbetrieb
der Zwischenkriegszeit und der "Anschluß"-
und Nachkriegsjahre unter politisch- und
ökonomisch-strukturellen Gesichtspunkten
und entwickeln auch Relevanz für die Weinheber-
Forschung (vgl. z. B. die Studien Klaus Amanns,
1988 [14], und Gerhard Renners, 1986 [15]).
Damit verstärkt sich generell das Interesse an
Weinhebers Präsenz in der "nationalen" und
nationalsozialistischen Literaturöffentlichkeit, die
Aufmerksamkeit verschiebt sich zusehends von
Verstehensbemühungen um das Gesamtwerk auf
Fragen des "politischen Sündenregisters" und
einzelne damit in Verbindung gebrachte Texte aus
weiter
Josef Nadlers Weinheber-
Monographie,
1952
(1) Zwischen Kosmos und Chaos. In:
Stimmen der Zeit. Katholische
Monatsschrift für das Geistesleben der
Gegenwart, Jg. 67, Bd. 132, H. 12,
Freiburg i. Br. September 1937, S. 366-
373
(2) Klassische Haltung heute. Zur
Erkenntnis von vier Dichtern. In: Die
Literatur, Monatsschrift für
Literaturfreunde. Das literarische
Echo, Jg. 40, H. 7, Stuttgart April 1938,
S. 404-407; die Zustimmung
Weinhebers dürfte allerdings in erster
Linie auf unveröffentlichte
Vorlesungsmanuskripte über
"Klassische Haltung in der Gegenwart"
zu beziehen sein, die Klein dem Dichter
übermittelte, die zitierte Publikation ist
nur ein kleines Nebenprodukt dieses
größeren Traktats (s. Fackelmann 2005,
S. 164ff.
(3) „Menschlichkeit“. Zu Josef
Weinhebers Dichtung anläßlich seines
50. Geburtstages. In: Dichtung und
Volkstum. Neue Folge des Euphorion.
Zeitschrift für Literaturgeschichte, Bd.
43, H. 1, Weimar 1943, S. 69-106.
(4) Weinheber: Kammermusik (Eine
Variation). In: Gedicht und Gedanke.
Auslegungen deutscher Gedichte. Hrg.:
Heinz Otto Burger. Halle/S.: Max
Niemeyer 1942. S. 346-362; vgl.
Jenaczek 1994a, S. 165.
(5) Josef Weinheber. München: Albert
Langen/Georg Müller 1942
(6) Der Lyriker Josef Weinheber. Ein
Bekenntnis. Wien: Brüder Hollinek 1949
(=Buchreihe „Österreichische Heimat“.
Bd. 10); der Traktat zieht die Summe
aus einer Anfang der dreißiger Jahre
begonnenen, mit zahlreichen
Publikationen belegten
interpretatorischen Auseinandersetzung
mit Weinheber.
(7) Josef Weinheber. Der Mensch und
das Werk. Salzburg-Köln-Zürich:
Pilgram Verlag 1950.
(8) Bekenntnis zu Josef Weinheber.
Erinnerungen seiner Freunde. Hrg.:
Heinrich Zillich. Salzburg:
Akademischer Gemeinschaftsverlag
1950.
(9) Josef Weinheber. Die Geschichte
seines Lebens und seiner Dichtung.
Salzburg: Otto Müller 1952.
(10) Weinheber-Schrifttum. Ein
Forschungsbericht. In: Deutsche
Vierteljahrsschrift für
Literaturwissenschaft und
Geistesgeschichte, Jg. 31, Stuttgart
1957, S. 557-579.
(11) Josef Weinheber, Sämtliche Werke,
hrsg. von Josef Nadler und Hedwig
Weinheber [...] [Bd. 1-5] [Rezension].
In: Euphorion. Zeitschrift für
Literaturgeschichte, F. III, Bd. 52, H. 2,
Heidelberg 1958, S. 207-222.
(12) SW I/1 309-345, hier bes. 311ff.
(13) Josef Weinheber: Sämtliche Werke.
Neu herausgegeben von Friedrich
Jenaczek. Selbstdarstellung des
Herausgebers. In: Codices manuscripti.
Zeitschrift für Handschriftenkunde, Jg.
6, H 2, Wien 1980, S. 61-63.
(14) Der Anschluß österreichischer
Schriftsteller an das Dritte Reich.
Institutionelle und
bewußtseinsgeschichtliche Aspekte.
Frankfurt a. M. 1988; 2., erweiterte
Aufl. unter dem Titel: Zahltag. Der
Anschluß österreichischer Schriftsteller
an das Dritte Reich, Bodenheim 1996;
dazu zahlreiche Aufsätze des Verfassers
zum Themenkreis, in denen Weinheber
Berücksichtigung findet.
(15) Österreichische Schriftsteller und
der Nationalsozialismus (1933-1940).
Der „Bund der deutschen Schriftsteller
Österreichs“ und der Aufbau der
Reichsschrifttumskammer in der
„Ostmark“. Frankfurt a. M. 1986
(=Separatdruck aus: Archiv für
Geschichte des Buchwesens, Bd. 27,
1986, S. 195-303).