© 2019 Josef Weinheber-Gesellschaft  Die gesamten Inhalte dieser Website sind urheberrechtlich geschützt   Spätwerk beharrlicher Warnung wiederholten Fundamentalsätzen von Weinheber Poetik [10]. Dagegen hat er schon 1927 in schärfstem Widerspruch zu den an der „Ausdruckskunst“ geschulten Rezeptionserwartungen seiner Zeitgenossen festgelegt: „Das Gedicht ist der Inhalt[11].   Erst wer diese Voraussetzungen kennt und beachtet, wird erkennen, wie vielschichtig in formalen Sinnstrukturen denkend und hochgradig seiner selbst bewußt der Sprachkünstler seine Klage und Anklage verortet. In den berühmtesten Gedichten aus Weinhebers letztem Buch bekennt der Künstler den Anteil, den die „Schuld“ – die zuallererst als eine personale (moralische) und erst in zweiter Linie als eine politische verstanden wird und die überdies eine bedeutend ältere Leitchiffre von Weinhebers Lyrik ist  – an seiner Kunst hat, aber er bekennt sich auch zu etwas: „zur Sprache“ und damit zum Geist, zur Humanitas (Ich, Humanist). Dieses zweite Bekenntnis erfolgt noch immer aus demselben stolzen Bewußtsein, „in dem alten Haus der Sprache“ zu wohnen, von dem das Gedicht des Karl Kraus zeugt, das nicht zufällig den nämlichen Titel Bekenntnis trägt [12]. Daß „Gut“ und „Böse“ an der Kunst beteiligt sind, faßt Weinheber als ein Verhältnis auf, das aus der gewählten poetologischen Perspektive als konstitutiv für das Gedicht zu erachten ist, wenn es sich auch zerstörerisch auf den Dichter auswirken kann und – unter bestimmten, nämlich den von Weinheber selbst durchlittenen Umständen – muß. Dies bildet das mit dem Thema Sprache verschwisterte zweite Grundmotiv des ganzen Werkes. Ergebnishaft ist ein als Akrostichon auf den Buchtitel konstruiertes Schlußghasel [13] an das Ende des Hauptteils von Hier ist das Wort  gesetzt. Man male sich aus, was es bedeutet hätte, ein derartiges Buch in jener Zeit zu veröffentlichen, zu der es sein Autor vorsah; man vergegenwärtige sich, was es bedeutet, daß das Buch unter dieser Voraussetzung geschrieben ist: Halt an, den Atem halte gewaltig an! In dieser Sprache malte ich Glück und Wahn. Es hat mich nicht gelüstet nach Ruhm und Rang. Rückblickend steht verwüstet, was ich getan.   Ich wollte eine Größe aus Blut, gedrang: So gab ich mir die Blöße als reifer Mann. Todbringende Empore, die ich erschwang! Doch  r a u n t  mir noch im Rohre der stille Pan.   Als Spätling der Gestalter war ich bestellt, sehr treu zu singen Alter, Gesetz und Plan. Was immer in dem Niedergang stirbt und fällt,   obsiegend immer wieder, es sieht dich an. Reich mir die Hand, bezeuge: Das Abendland trug letzte Frucht. So schweige, wer reden kann... zurück Anhang Spätwerk