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Ende 1931 beantragt Weinheber die
Mitgliedschaft bei der österreichischen NSDAP
(das Mitgliedbuch wird ihm erst im Februar 1933
ausgestellt), die damals gerade im Begriff ist,
sukzessive alle Fraktionen der
deutschnationalen Rechten zu absorbieren, Im
Jahr 1932 und wieder 1933 bietet sich
Weinheber Mirko Jelusich als Mitarbeiter bei
dessen Bestrebungen an, den „national“
gesinnten Teil der österreichischen Schriftsteller
organisatorisch zu sammeln. Erst im Frühjahr
1933 aber, also nach dem Umsturz in
Deutschland, greift Jelusich auf dieses Angebot
zurück. In der Folge übernimmt Weinheber, auf
der Basis von Vorarbeiten Edwin H.
Rainalters, die Funktion eines
„Landesfachberaters für Schrifttum“ innerhalb
der neu geschaffenen österreichischen
Dependance des nationalsozialistisch
gesteuerten „Kampfbundes für deutsche Kultur“.
In dieser Funktion tritt er jedoch nur höchst
selten in Erscheinung, die bekannten Zeugnisse
ergeben erneut das Bild eines völligen
Außenseiters, der unter den „Kameraden“ –
Karrieristen einerseits, Fanatiker andererseits –
nicht ernst genommen wird [1]. Das Groteske
dieser Affiliation kommt in
Handlungen von folgender
Art zum Vorschein: Den nun
politisch mit ihm
verbündeten Schriftstellern
aus dem nationalistischen
Lager, die gerade zur
Verteidigung Gerhart
Hauptmanns einen Protest
gegen Alfred Kerr
veröffentlicht haben, sucht
Weinheber die Mißbilligung
dieses hinter seinem
Rücken erfolgten Schrittes
(der, wie er meint, ohnedies
hauptsächlich zur Förderung
des Weihnachtsgeschäftes der Unterzeichner
erfolgt ist) dadurch begreiflich zu machen, daß er
sich zu dem Kampf bekennt, den Karl Kraus
seinerzeit – und zwar „völlig isoliert in seiner
Bemühung um den Wert und das Reinliche“ in der
Kunst und im geistigen Leben – gegen Kerr
führte, einem Kampf, dem aber Hauptmann (der
„Goethe des Herrn Castiglione“, ein „ins
Übermenschliche dimensionierte[r] Adabei“) wie
Kerr als Repräsentanten des einen Übels gelten
mußten [2]. Die in diesem Fall
überlieferte unmittelbare Reaktion
des solcherart Zurechtgewiesenen –
für ihn, den Theaterschriftsteller
Hermann Heinz Ortner, erledigt
sich Weinhebers Vorwurf bereits mit
dem Hinweis auf Kraus’ Judentum
[3] – bezeugt, wie fremd
Weinheber das neue Milieu und
dessen völkischer Horizont in
Wirklichkeit sind und wie er
infolgedessen in eine Sackgassen-
Situation geraten ist. Selbst
Weinhebers Antisemitismus, zu dem
er sich in den dreißiger Jahren
mehrfach bekennt, ist weder mit der
Tradition Luegerscher noch mit jener
Schönererscher Prägung wirklich kompatibel,
vielleicht muß auch er vor allem mit der Fackel-
Polemik gegen das spezifische Presse- und
Literaturmilieu in Verbindung gebracht werden.
Gleichsam seit Beginn seiner Affiliation sind daher
die Protagonisten des neuen Milieus Ziel seines
Kulturpolitisches Engagement im Umkreis der NSDAP
weiter
Anhang
Spätwerk
(1) Vgl. auch den rückblickenden Brief
an Walter Hjalmar Kotas vom 30. XI.
1944, Kopie im Archiv der Josef
Weinheber-Gesellschaft, Kirchstetten.
(2) Brief an Hermann Heinz Ortner vom
25. 12. 1933, W N V 136ff., Kommentar
649, hier 137, 138. Camillo Castiglione,
recte: Castiglioni: österreichischer
Inflationsmillionär, Kunst- (Theater in
der Josefstadt) und Pressefinanzier
(Békessy-Medienimperium), einer der
Hauptgegner der Fackel-Satire in den
zwanziger Jahren.
Aus dem Typoskript des Odentriptychons "Dem
neuen Deutschland", 1933
(ÖNB., Hss., Cod. Ser. n. 19.568)
– (3) Vgl. Klaus Amann: Zahltag. Der
Anschluß österreichischer Schriftsteller
an das Dritte Reich, Bodenheim 1996,
S. 44f., 238f., weitere Quellen SW III
352, 735f. Vgl. auch Jenaczek 1999, S.
353.