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Bis in die späten zwanziger
Jahre hinein steht Weinheber
dem politischen Leben als
solchem und den in
Österreich wie in Deutschland
tobenden Lagerkämpfen
zwischen den Parteien im
besonderen weitgehend
desinteressiert gegenüber; er
ist jedoch, bedingt durch
seine „proletarische“ Herkunft
und die an den Anfängen
seiner schriftstellerischen
Laufbahn beteiligten Kräfte
und Personen, mit „linken“
Kreisen und Institutionen
stärker verbunden als mit
„rechten“, welch letztere
seinem Werk zum Teil sogar durch offene
Anfeindung begegnen (etwa in der „Affäre
Funder“, als der Herausgeber der
christlichsozialen Reichspost sich in einer
Rezension dazu versteigt, zur Verbrennung des
als unsittlich und gotteslästerlich
gebrandmarkten Romans Das Waisenhaus
aufzufordern [1]). Daß dem jungen und
mittleren Weinheber
wenigstens ein geringes Maß
an Unterstützung und
Beachtung auf
kulturpolitischer Ebene zuteil
wird, verdankt sich
vorwiegend dem Bereich der
sozialdemokratischen und der
liberalen Presse – z. B. der
Arbeiter-Zeitung oder der
Zeitschrift der Wiener Urania,
Der neue Pflug, ferner der
Muskete, dem Götz von
Berlichingen, der Wiener
Allgemeinen Zeitung etc. –
bzw. den kunstfördernden
Einrichtungen des „Roten
Wien“ (so wird ihm 1925 der
„Preis der Stadt Wien“ für Dichtkunst verliehen,
hieran schließt 1930, verknüpft in der Person von
Weinhebers Fürsprecher Emil Reich, die
Zuerkennung des Lyrik-Preises der „Julius Reich-
Dichterstiftung“).
Um 1931/32 aber wendet sich Weinheber
nationalrevolutionären Kreisen zu. Dazu veranlaßt
ihn, den dürftigen Quellen zufolge, vor allem das
drückende Bewußtsein seiner schriftstellerischen
Isolation, welche er immer mehr als Totschweigen
empfindet und als direkten Ausdruck des
unmittelbar drohenden allgemeinen kulturellen
Verhängnisses wertet, das eine künstlerische
Leistung, die zu wesentlichen Teilen eben dagegen
unternommen sein möchte, nicht mehr
aufkommen lasse. Außerdem folgt der Schritt aus
der Verzweiflung über die vergiftete Atmosphäre
des geistigen Lebens in Österreich, das Weinheber
im Politischen von Mediokrität, Ignoranz und
Dilettantismus zugrunde gerichtet sieht. Daraus
entsteht die Bereitschaft, auf eine revolutionäre
Veränderung, die sich als großdeutsch (und
partiell antisemitisch) versteht, und somit auf
einen entscheidenden Impuls aus dem bereits im
Umsturz begriffenen größeren Nachbarstaat, zu
setzen. Selbstironisch verweist Weinheber auf sein
„revolutionäre[s], oder wenn Sie wollen,
,krakeelerische[s]’ Wesen“, das sich von dem
Impuls des Umsturzes und Umbruchs als solchem
angezogen fühle [2]. – Es gibt hingegen keinerlei
Begeisterung für die Ideologie der „Bewegung“,
„Politischer Immoralismus“ und „vaterländische Umkehr“
weiter
Anhang
Spätwerk
(1) Vgl. SW I/2 465f., V 754.
(2) Entwurf eines Briefes [an Erwin
Rieger] vom 13./14. 4. 1933, siehe
Fackelmann 2005, S. 502
Notiz aus der Zeitung "Die Stunde" v. 30. 4. 1925