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Spätwerk
den Ausschlag gibt diesbezüglich vielmehr ein
vergleichsweise nüchternes Abwägen der
Alternativen, welche durch die Zwänge der
bereits weit fortgeschrittenen politisch-
organisatorischen „Verghettoisierung“
österreichischer Schriftstellerkreise deutlich
eingeschränkt erscheinen. Dabei versagt der mit
dem politischen Geschäft nicht vertraute
Weinheber freilich, wie er schon kurz darauf
erkennen muß. Schon Zeitgenossen (z. B. Ernst
Alker, Edwin Hartl, Alfred Sperber, Ludwig
Hänsel) konzedieren an Weinhebers nicht leicht
nachvollziehbarem Verhalten in dieser Sache
zutreffend „eine[] Art politischen Immoralismus
[...], der Konsequenz geistiger Souveränität
war, doch nicht minder der Hybris eines
Verbitterten“ [3]. Diese Haltung darf allerdings
weder mit Blindheit hinsichtlich der persönlichen
Konsequenzen und der tatsächlich sich
entwickelnden Situation noch mit einem
amoralisch-nihilistischen Standpunkt an sich
verwechselt werden.
Politik ist für Weinheber, soweit er sich darüber
äußert, immer ausschließlich Kulturpolitik und
findet gleichsam im Brennspiegel des eigenen
Künstlerschicksals statt. Daran mißt er sie,
darüber hinaus findet sie in seinen Äußerungen
kaum Beachtung. Diese Ich-Perspektive, die aus
der Überzeugung entstanden ist, als
Ausnahmeerscheinung einer Zeit des Verfalls in
der Kunstwelt gegenüberzustehen, erschwert und
verzögert zwar mitunter, hindert aber durchaus
nicht die Einsicht in die komplexen
Zusammenhänge der konkreten politisch-
gesellschaftlichen Entwicklungen in der
österreichischen und deutschen
Zwischenkriegszeit. Weinheber grenzt sich mit
großem Nachdruck von dem allerorts umworbenen
neuen Typus des politischen Tendenzschriftstellers
ab und beharrt auf einem Standpunkt der
Autonomie, der aber gerade nicht dem L’art pour
l’art-Klischee, das man ihm oft zum Vorwurf
macht, entspricht. So ergibt sich Weinheber in der
Konzentration auf die Kunst und den Künstler
nicht minder ein Bild für das Ganze der Situation
des mitteleuropäischen Menschen, ja, genauerer
Augenschein zeigt, daß die kritische Dimension
seiner Wahrnehmungen dadurch sogar an
Schärfe, Tiefe und an dauerndem Wert gewinnt.
Wenn er etwa in einem von Hermann Stahl
aufgezeichneten Gespräch aus den vierziger
Jahren, in laute, für die übrigen anwesenden
Gäste des Wiener Wirtshauses „Linde“ gut
vernehmbare Verzweiflung ausbrechend, Hitler
schließlich mit den Worten anklagt: „Ein
fürchterlicher, ein ganz ein amusischer Mensch!“
[4], so konzentriert sich in dem aus der
begrifflichen Sphäre der Kunst heraus
formulierten Urteil ohne Zweifel die entschiedene
Ablehnung der ganzen Unmenschlichkeit des
Machthabers und seiner Politik. Gleiches gilt auf
der Ebene differenzierter Äußerungen sowie der
betreffenden polemischen Elemente des
schriftstellerischen Werks.
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Anhang
Spätwerk
(3) Ernst Alker: Edmund Finke, Josef
Weinheber. Der Mensch und das Werk [...] /
Ludger Stuhrmann: Josef Weinheber. Rausch
und Maß [Rezension]. In: Erasmus. Speculum
Scientiarum, Jg. 5, H. 15-16, Basel, 25. VIII.
1952, Sp. 511-514, hier 512
(4) Hermann Stahl: Noch einmal der
Fall Weinheber [Teil-Erstdruck einer
Zuschrift an die Hannoversche
Abendpost]. In: Österreichisches
Tagebuch. Wochenschrift für Kultur,
Politik, Wirtschaft, Jg. 2, Nr. 42, Wien,
21. XI. 1947, S. [1], Sp. 2f., hier 2; vgl.
SW III 867f