© 2019 Josef Weinheber-Gesellschaft  Die gesamten Inhalte dieser Website sind urheberrechtlich geschützt   Spätwerk den Ausschlag gibt diesbezüglich vielmehr ein vergleichsweise nüchternes Abwägen der Alternativen, welche durch die Zwänge der bereits weit fortgeschrittenen politisch- organisatorischen „Verghettoisierung“ österreichischer Schriftstellerkreise deutlich eingeschränkt erscheinen. Dabei versagt der mit dem politischen Geschäft nicht vertraute Weinheber freilich, wie er schon kurz darauf erkennen muß. Schon Zeitgenossen (z. B. Ernst Alker, Edwin Hartl, Alfred Sperber, Ludwig Hänsel) konzedieren an Weinhebers nicht leicht nachvollziehbarem Verhalten in dieser Sache zutreffend „eine[] Art politischen Immoralismus [...], der Konsequenz geistiger Souveränität war, doch nicht minder der Hybris eines Verbitterten“ [3]. Diese Haltung darf allerdings weder mit Blindheit hinsichtlich der persönlichen Konsequenzen und der tatsächlich sich entwickelnden Situation noch mit einem amoralisch-nihilistischen Standpunkt an sich verwechselt werden. Politik ist für Weinheber, soweit er sich darüber äußert, immer ausschließlich Kulturpolitik und findet gleichsam im Brennspiegel des eigenen Künstlerschicksals statt. Daran mißt er sie, darüber hinaus findet sie in seinen Äußerungen kaum Beachtung. Diese Ich-Perspektive, die aus der Überzeugung entstanden ist, als Ausnahmeerscheinung einer Zeit des Verfalls in der Kunstwelt gegenüberzustehen, erschwert und verzögert zwar mitunter, hindert aber durchaus nicht die Einsicht in die komplexen Zusammenhänge der konkreten politisch- gesellschaftlichen Entwicklungen in der österreichischen und deutschen Zwischenkriegszeit. Weinheber grenzt sich mit großem Nachdruck von dem allerorts umworbenen neuen Typus des politischen Tendenzschriftstellers ab und beharrt auf einem Standpunkt der Autonomie, der aber gerade nicht dem L’art pour l’art-Klischee, das man ihm oft zum  Vorwurf macht, entspricht. So ergibt sich Weinheber in der Konzentration auf die Kunst und den Künstler nicht minder ein Bild für das Ganze der Situation des mitteleuropäischen Menschen, ja, genauerer Augenschein zeigt, daß die kritische Dimension seiner Wahrnehmungen dadurch sogar an Schärfe, Tiefe und an dauerndem Wert gewinnt. Wenn er etwa in einem von Hermann Stahl  aufgezeichneten Gespräch aus den vierziger Jahren, in laute, für die übrigen anwesenden Gäste des Wiener Wirtshauses „Linde“ gut vernehmbare Verzweiflung ausbrechend, Hitler schließlich mit den Worten anklagt: „Ein fürchterlicher, ein ganz ein amusischer Mensch!“ [4], so konzentriert sich in dem aus der begrifflichen Sphäre der Kunst heraus formulierten Urteil ohne Zweifel die entschiedene Ablehnung der ganzen Unmenschlichkeit des Machthabers und seiner Politik. Gleiches gilt auf der Ebene differenzierter Äußerungen sowie der betreffenden polemischen Elemente des schriftstellerischen Werks. cf zurück Anhang Spätwerk