© 2019 Josef Weinheber-Gesellschaft  Die gesamten Inhalte dieser Website sind urheberrechtlich geschützt   Spätwerk jene Welt erwachte.“ [2] – als auch auf einen so komplexen polemischen Text wie Warum die Fackel nicht erscheint (Ende Juli 1934), in dem der Satiriker seine Haltung gegenüber dem Phänomen des völkischen „Troglodytentums“ auf höchst unkonventionelle Weise klärt: „Leitartikler, die mit Blut schreiben; Schwätzer der Tat. Zwar Troglodyten, haben sie doch die Höhle bezogen, als die das gedruckte Wort die Phantasie der Menschheit hinterlassen hat; und daß sie des Zierats entbehren oder ihn nicht nachstümpern können, ist gewissermaßen ihr kultureller Vorsprung. Die Tat hat sich einmal der Phrase entwunden und daß diese ihr weiter aufgestülpt bleibt, hat nichts mehr zu bedeuten; es ist nur noch grotesk. Dem Geist kann sie nichts mehr antun.“ [3] „Was immer in der Fackel stände, es erschiene unter dem Schutz einer toten Sprache: der deutschen. (Getarnt.)“ [4]. Das kulturethische Sprachdenken Weinhebers stützt sich aber in Hier ist das Wort auch auf philosophische und theologische Grundlagen, die erst in dieser Schaffensphase entschieden zur Geltung kommen, wie etwa den verzweigten Komplex der Logos-Gedanklichkeit, welcher dem späten Weinheber durch die Befassung mit der vorsokratischen griechischen Philosophie (Heraklit) einerseits und durch die neuerliche Hinwendung zur Heiligen Schrift (Johannes-Evangelium) andererseits zuwächst. In letzterer Hinsicht ist es mit einer zunehmenden Sympathie für den Katholizismus bzw. mit der zumeist jetzt erst erfolgenden Rezeption einzelner christlicher Konzepte innerhalb der sog. Konservativen Revolution (z. B. Friedrich Alfred Schmid Noerr, Clemens ten Holder als Vermittler älteren deutschen Sprachdenkens, auch Theodor Haecker, Romano Guardini u. a.) verbunden. „Zur Sprache“ ist nicht nur als Angabe des Buchthemas zu verstehen, sondern auch als Imperativ, als Appell zu lesen: In der Sprache, die in den Kriegsjahren das zentrale und alleinige Thema des Dichters Weinhebers geworden ist, beruft er „angesichts der äußersten Lebensbedrohung die stärkste, die geistigste Kraft, in der er das Leben gegründet weiß.“ [5] In der konsequent radikalisierten Hinwendung zu ihr und in der Vertiefung in ihre Formen- und Gestaltenwelt glaubt der Dichter die einzige Möglichkeit gefunden zu haben, noch einmal ein der furchtbaren Zeit des Humanitätsverlustes und des kulturellen Untergangs gemäßes Schaffen entfalten zu können. Diese Möglichkeit ist aber „erkauft“ durch das Bewußtsein, selbst im Weltlichen abgeschlossen zu haben und gleichsam ganz aus einer Position der „Verneinung des Willens zum Leben“ im Sinne Schopenhauers zu sprechen: „[...] und es bleibt die Sprache nun / mein ein- und alles. Wie die Toten ja / erst rein die Sprache haben und in ihr / verherrlicht sind. Ich sehne mich nicht mehr / nach andrem. Hier ist Dauer. Hier erst bin / ich sicher mein. Kein klobiger Pirat / verrückt mir mehr den Satz von seinem Ort [...]“ [6]. Die Sprache ist in Weinhebers letztem Werk gleichermaßen Ort der Zuflucht wie des Widerstands. Zeitkritik ist Sprachkritik, und umgekehrt. In der Sprache als in der symbolischen Form ist das unersetzliche Humanum bewahrt, und sie selbst entlarvt den gegen dieses frevelnden Ungeist, die Unmenschlichkeit an ihrem eigenen Gebrauch und Mißbrauch. Folgerichtig gehen daher aus zwei dem grundsätzlichen Nachdenken über ihr Wesen gewidmeten Eingangsabschnitten, Hier ist das Wort und Form und Gestalt, die fünf Kapitel hervor, die sich den Faktoren des poetischen Prozesses widmen: Das Melos, Der Reim, Vom Rhythmus, Das Bekenntnis, Von den Formen. Ergänzend werden in den beiden abschließenden Kapiteln, Übersetzungen und Das angewandte zurück Anhang Spätwerk weiter