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bleibt er, am Schluß, wie der Prinz im Re corvo
des Gozzi, versteinert, aber in edler Stellung
und mit großmütiger Gebärde stehn. Sein
Andenken bleibt und wird als das eines Heros
gefeiert; sein Wille, durch Mühe und Arbeit,
schlechten Erfolg und Undank der Welt, ein
ganzes Leben hindurch, mortifiziert, erlischt in
der Nirwana. [...]“ [2] Als – freilich völlig
nonkausal verknüpftes, d. h. grundsätzlich nicht
als Ziel, Zweck oder Lohn eintretendes –
„Ergebnis“ seines Leidens an der Welt schwebt
solchem Heldentum des „nackt menschlich
Schicksalhaften“ [3] mithin ein Status der
Weltüberwindung als einer Verneinung des
eigenen Willens (zum Leben) vor. Darin wird
ihm bereits die Existenzform des heiligmäßigen
Begnadetseins als das einzige Leit- und Trostbild
vor Augen geführt und „brüderlich“ zur Seite
gestellt: „Der Weise mit dem adeligen Herzen /
nachlebend lebt die eingeborne Pflicht.“ [4]
Indem nun damit auch noch die denkerische
und künstlerische Imagination (der „Traum“) auf
das engste verknüpft ist und gerade diese
motivische Verbindung in anderen Gedichten
des Buches weiter ausgeführt wird (z. B. im
Zyklus Gesang vom Manne, in zahlreichen
Texten aus dem Kapitel „Die Oden“, in den als
„Kraftprobe“ mit der Zeit angelegten Hölderlin-
Variationen [5], in Gedichten wie Michelagniolo,
Einsamstes Selbstgespräch etc.), treten alle drei
für Schopenhauer und mehr noch für Weinheber
zentralen menschlichen Existenz-Mythen – der
„Held“, der „Künstler“ und der „Heilige“ – an ihren
Ort im Bedeutungsgefüge. – Für sich selbst – als
Mensch, nicht als Künstler – hat Weinheber die
Hoffnung, sich in der Kunst „auch menschlich zu
vollenden“ [6], nicht durch alle Phasen seines
Wirkens aufrecht erhalten: Das Bekenntnis zum
persönlichen Scheitern, zum „eigenen Elend“ und
zu seiner „entsetzlichen Einsamkeit“, das ja schon
jetzt einen wichtigen parallelen Bedeutungsstrang
entwickelt (vgl. insbes. das Kapitel „Blick auf sich
zurück“ in Adel und Untergang oder auch den
mittleren Terzinenteil der Heroischen Trilogie:
„Hofkabinett in Ottakring [...]“ [7], prägt in
gesteigertem Maße sein spätes Werk, dessen
tragischer Ton dadurch gerade auf Grund der
Kontinuität der metaphysisch-ethischen Maßstäbe
seit Adel und Untergang zu noch größerer
Intensität anwächst: „[...] Weil ich am Ende bin,
betone ich die Vollendung. Das ist wenig
vornehm, aber notwendig, um am Leben bleiben
zu können. [...]“ [8].
Das Buch Adel und Untergang öffnet dem
Dichter endlich die publizistischen Foren,
besonders im Deutschen Reich. Daß an dem dafür
verantwortlichen Wahrnehmungs- und
Wirkungsprozeß auch eine Reihe von gravierenden
Vor-Urteilen, substantiellen Irrtümern und
gezielten Mißbräuchen beteiligt sind, beweist
gerade die Rezeption des Weinheberschen Helden-
Motivs, die etwa dazu geführt hat, daß ein direkt
in das Zentrum des beschriebenen
Motivkomplexes zielendes Gedicht wie die Ode Auf
seinem Schild sterben in der Öffentlichkeit der
Presse und des Rundfunks wieder und wieder im
Kontext der Verklärung von „Tugenden“ des
politischen oder militärischen Kampfes gleichsam
inszeniert wird. Für die folgende außergewöhnlich
produktive Phase sind aber die veränderten
äußeren Faktoren und das neue, in seinem
trügerischen Doppelcharakter nicht immer
reflektierte Gefühl, nun „als Künstler in einer
fruchtbaren Beziehung zu meinem Volk zu stehen“
[9], von erheblicher Bedeutung: Der Dichter
findet bei Albert Langen und Georg Müller, einem
der größten nationalkonservativen Verlagshäuser
Deutschlands, die ersehnte Heimstätte für sein
künftiges Werk. Die Zusammenarbeit des Verlages
– namentlich des Direktors Gustav Pezold sowie
der Lektoren Korfiz Holm und Herbert Georg
Göpfert – mit dem Dichter ist von einer
Atmosphäre des anspornenden Verständnisses
und der verehrenden Wertschätzung, welche sich
zurück
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Anhang
Spätwerk
(2) Zitiert nach der von Weinheber
verwendeten Ausgabe: Schopenhauers
sämtliche Werke. Genaue Textausgabe
mit den letzten Zusätzen, mit einer
biographischen Einleitung v. Max
Frischeisen-Köhler, Bd. 7, Berlin o. J.
[1913], S. 295; vgl. SW III 699.
(3) Brief an Erich August Mayer vom
28. 7. 1933, WN V 130.
(4) Sonett VIII, SW II 72.
(5) Brief an Helmut Henning vom 25. 6.
1939, V N 490.
(6) Brief an Friedrich Sacher vom 17. 9.
1932, WV N 73.
(8) Brief an Hermann Stahl vom 7. 12.
1942, SW III 868.
(9) Rückblick und Rechtfertigung,
1942, SW IV 187.