© 2019 Josef Weinheber-Gesellschaft  Die gesamten Inhalte dieser Website sind urheberrechtlich geschützt   Unterhaltungsroman). Der Künstler – deshalb „Sprachkünstler“ genannt – müsse diesen Grundverhältnissen aktiv, die Sprache „liebend“, der Sprache „dienend“, gerecht werden, soll das Kunstwerk nicht seines eigentlichen Wertes und seiner Berechtigung verlustig gehen; keine Ausflucht in die – vorsprachliche – „Inspiration“ sei hier erlaubt; nicht eine – außersprachliche – „Realität“ diktiere das „Abbild“, das Sprachkunstwerk selbst präge (zur) Wirklichkeit. Kein sich aufdrängender Stoff, keine weltanschauliche Aktualität vermöchten als solche die Rolle dieser Gerichtetheit des Kunstprozesses auf sprachlich-formale Gestaltqualitäten (und auf Metaphorizität) zu übernehmen: Sie enthöben den bildenden und bauenden Künstler nicht der sprachlichen Bedeutungs- bzw. Verdichtungsarbeit – das Werk in seinem Sein, d. h. phänomenal, sei nicht außerhalb dieses sprachgetragenen Bedeutungsgefüges denk- und verfügbar –, und den Wahrnehmenden verpflichte das „sprachkünstlerische“ Gedicht folgerichtig gleichfalls zu höchster personaler Aktivität, zu „nachgestaltendem“ Lesen, wie es Weinheber daher für sein Werk einfordert [3].  An dieser Stelle setzt erst die Neuleistung an, die Weinheber für seine Lyrik (niemals für seine restlichen Schriften!) beansprucht und, 1942, als schrittweise erzieltes Ergebnis einer mehr als ein Vierteljahrhundert umfassenden experimentalen Suche nach dem Gedicht kennzeichnet [4]. Gegenüber dem in Bristol wirkenden Germanisten August Closs, der in den Jahren 1936/1937 eine Würdigung Weinhebers erstellt, die in zeittypischer Weise die weltanschauliche Persönlichkeit „hinter der Dichtung“ zum Gegenstand macht und dabei die Gestaltkriterien, mithin das Gegenständliche der Dichtung selbst, nahezu völlig vernachlässigt, verweist Weinheber, die von der Kritik lange ausständige „philologische“ Arbeit einmahnend, auf die Unmöglichkeit, solcherart überhaupt zu jener originalen Qualität seiner Lyrik vorzudringen: Die liege „ja gerade darin“, daß er „früher übersehene[] oder nur dumpf als Möglichkeiten zur Einleibung empfundene[] Werte bewußt in die Gestaltung einbeziehe“; sie nicht zu beachten, der Mangel an Aufmerksamkeit für diese „Möglichkeiten“ führe also unweigerlich zu einem gravierenden Verständnisproblem, zu Banalisierung, Nivellierung [5]. Die Wege der „Einleibung“, d. h. der Integration spezifischer sinnlich-formaler Elemente als neuwertiger Zeichenwelten in den Gefügeprozeß, in dem die Gedichtsprache mit Bedeutung erfüllt wird, wollen im wesentlichen in zwei großen, teilweise auch entwicklungsgeschichtlich trennbaren Bereichen gesucht werden; sie können hier bestenfalls angedeutet werden: Der erste Bereich umfaßt die Konstitution der „Wortgestalt“ und hier insbesondere die Möglichkeiten der „lautsymbolischen“ oder „lautplastischen“ Verdichtung. Selbstverständlich gilt bereits hier alle Aufmerksamkeit des Dichters (und des Lesers) dem „Wort- und Begriffsgewebe“ (ein zentraler Terminus Leopold Lieglers aus dessen von Weinheber intensiv studierter Karl Kraus- Monographie), das durch vielschichtig leitende Beziehungen – Antithesen, Parallelismen, Spannungen usw. – den geordneten Zeichencharakter des Kunstwerks herstellt und dem jene phonetischen und morphematischen Strukturen zuarbeiten. Das Wort an sich hat, als Vokabel, nichts, was Bedeutung zu nennen wäre, es erlangt diese erst durch sprachliche Kontextualisierung, d. h. durch den literarischen Textprozeß: Die Bedeutung wird ihm, so sorgfältig und umsichtig wie möglich, im Gedicht verliehen. Jeder Fehler, jede Nachlässigkeit auf diesem Gebiet wird – unzählige Male Gegenstand der Fackel-Satire – in der Sprache selbst unweigerlich sichtbar und stellt, über das „signandum“, den Sprecher und das Gesagte, das „signatum“, bloß. zurück weiter Anhang Spätwerk