© 2019 Josef Weinheber-Gesellschaft  Die gesamten Inhalte dieser Website sind urheberrechtlich geschützt   Spätwerk Wichtiger als diese Entwicklungen, die als zeittypische Bemächtigungsprozesse mit dem Ziel, an der „Sensation“ des Weinheberschen Erfolges politisch bzw. kommerziell zu partizipieren, erscheinen, ist aber wohl Weinhebers eigene geistige Annäherung an einzelne Exponenten und Einrichtungen des katholischen Österreich (wie im übrigen auch des christlich-konservativen Deutschland) einzuschätzen, so etwa seine von großem gegenseitigen Respekt getragene Korrespondenz mit Paula von Preradović, seine Freundschaft mit Heinrich Suso Waldeck oder sein Austausch mit Paul Graf Thun-Hohenstein, der ein Porträt des Dichters für die renommierte Münchener Zeitschrift Hochland erstellt. – Generell ist festzuhalten, daß Weinhebers publikatorische Praxis (sein „Umgang mit Öffentlichkeit“) nicht bzw. nicht durchwegs mit seiner poetischen Praxis und deren kulturethischen Prämissen harmoniert. Das ist jedoch kein spezifisch politisches, sondern ein gesellschaftliches Problem und muß überdies an der Komplexität jedes einzelnen Falles überprüft werden. Daß ihm nicht seine Heimat, sondern „das nationalsozialistische Deutschland“ zuerst „ziemlich objektiv und sehr spontan Gerechtigkeit widerfahren ließ“ [1], nährt Weinhebers Vorstellung, in einer gewissen Dankesschuld zu stehen. Auch scheut er zunächst, endlich an die Öffentlichkeit gedrungen, davor zurück, seinen Status wieder aufs Spiel zu setzen, zumal er sich für sein Werk, das in dieser Zeit immer stärker auf das geistige Gespräch abzielt und an das idealistische Konzept des Dichters als Erziehers des Volkes anknüpft, auf ein Wirkenkönnen angewiesen glaubt [2]. Noch nach dem „Anschluß“ dürfte der Gedanke, „mitbauen zu müssen“, also das Verantwortungsbewußtsein gegenüber der „großen Volksgemeinschaft“, maßgeblich dazu beitragen, daß Weinheber den Plan, eine Lesereise durch die Schweiz im November 1938 zur Emigration zu benützen, wieder fallenläßt: „Willst Du die Kunst den S. A. Leuten überlassen?“ [3]. Angesichts der friedlichen Lösung der Sudetenkrise im dem von Kriegsangst überschatteten Herbst 1938 scheint Weinheber zum letzten Mal große Hoffnungen in den Diktator selbst zu setzen [4]. Aber die fortschreitende Auslöschung der Identität Österreichs, die beobachteten Gewaltexzesse und die Verfolgungs- und Vertreibungsschicksale aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis (für Theodor Kramer und Otto Basil setzt er sich erfolgreich ein) haben ihn längst zum erklärten Gegner der nationalsozialistischen Herrschaft gemacht.  Freilich wagt er es unter den veränderten Umständen nicht mehr, sich den Vereinnahmungsversuchen, die nun mit ungleich größerer Vehemenz und Dreistigkeit auf ihn hereinbrechen, konsequent zu entziehen. Statt dessen arrangiert er sich mit den regionalen Machthabern, insbesondere in Wien und „Niederdonau“. Immer wieder läßt er sich für öffiziöse Anlässe einspannen, setzt er Handlungen, die den Anschein des Opportunismus erwecken (er nennt es die Ausnützung seiner „Konzilianz“ oder „Wiener Liebenswürdigkeit“). Er bestreitet eine Unzahl von Leseauftritten und übernimmt kleinere Ehrenämter – z. B. akzeptiert er die Bestellung zum Laienprüfer bei der Ersten juridischen Staatsprüfung (1940) und die Berufung in das Preisrichterkollegium für den Grillparzerpreis der Stadt Wien (1941), Größeres, wie den Versuch, ihn als „Kulturbeauftragten“ für „Niederdonau“ zu installieren (1941), kann er jedoch abwenden. Auch verfaßt er verschiedentlich Auftragsgedichte für Partei- und Regierungsstellen höheren oder niedrigeren Ranges (siehe unten, Schriften mit politischem zurück weiter Anhang Spätwerk