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Spätwerk
nach dem „Anschluß“ wird
Weinheber, wie er mit Selbstironie
beklagt, zum „offizielle[n]
Prologist[en] von Wien“: „[...] Es
ist eine wahre Seuche.“ [8]. Nur
selten verbindet Weinheber mit
derartigen Gelegenheitsschriften
noch eine künstlerische Absicht,
die über die Versifikation von
stofflichen und ideologischen
Direktiven, also über
„Handwerkliches“ hinausgeht,
noch seltener spricht er darin
„pro domo“. Auch hier handelt es
sich nämlich fast durchwegs um
Rollengedichte, die aus der
(vermeinten) Perspektive der
Auftraggeber konstruiert sind.
Zumeist folgt Weinheber dazu
genauen Vorgaben, die er sich
entweder eigens ausbittet oder die ihm von
vornherein erteilt werden oder deren
keineswegs originelle inhaltliche Konturen
allgemein vorausgesetzt werden können.
In diese – größere – Gruppe fällt auch eine
kleine Anzahl von Texten, die als „NS-Gedichte“
Weinhebers in Verruf geraten sind; die
bekanntesten sind der
Hymnus auf die Heimkehr
(1938, 2 Druckfassungen),
ein – vermutlich von der
Reichsschrifttumskammer –
erzwungenes
„Loyalitätsbekenntnis“ nach
dem „Anschluß“, das von der
„Organisation Todt“ bestellte
Triptychon Hochgesang auf
den deutschen
Rüstungsarbeiter, Hymnus
auf den Frontarbeiter und
Ode an die Straßen Adolf
Hitlers (1940/41), das 1941
in einem nicht für den
Buchhandel bestimmten
Kunstdruck unter dem weder
auf den Autor
zurückgehenden noch von
diesem autorisierten Titel
Blut und Stahl veröffentlicht
wird, sowie die vom General-Kulturreferenten
Baldur von Schirachs in Auftrag gegebene Ode
Wien an den Führer (1943).
Diese Texte als Weinhebers „politische Gedichte“
im engeren Sinn aufzufassen, führt indes gänzlich
in die Irre. Was Weinheber „politisch“ – freilich
auf einer ganz anderen Ebene der Reflexion – zu
sagen hat und wo er stand, ist seinen
Gedichtbüchern und allenfalls noch seinen zu
Lebzeiten größtenteils unveröffentlichten Glossen
zu entnehmen [9]. Hier hingegen erfüllt er im
wesentlichen den Wunsch oder den Befehl seiner
Auftraggeber, die dem nationalsozialistischen
Machtapparat angehören und
Propagandainteressen verfolgen, man hat es also
mit „kommandierter“ Poesie im engeren Sinn zu
tun. Allerdings benützt Weinheber die
Auftragsgedichte dieser Kategorie nicht selten
dazu, sprachgestalterische Möglichkeiten zu
erproben. Solcherart als formales Experiment
angelegt ist zum Beispiel der genannte Hymnus
auf den Frontarbeiter, ähnlich außerhalb der
Gedichte mit politischem Auftrag etwa der Prolog
Den Wiener Philharmonikern zur Hundert-
Jahrfeier (1942, 2 Fassungen). Auch kommt es
vor, daß Weinheber gleichsam doppelte Böden in
derartige Texte einbaut: für Beispiele kann auf die
Hölderlin-Textmontagen in dem genannten
Hymnus auf die Heimkehr oder, aus dem
übrigen Bereich, auf die Hauptmann-
Textmontagen in dem Festgedicht Gerhart
Hauptmann zum achtzigsten Geburtstag
(1942) verwiesen werden.
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Anhang
Spätwerk
(9) Näher zu dieser unbedingt nötigen
Differenzierung äußert sich der Kommentar
SW III 763f.
(8) Brief an Hermann Pongs vom 8. 11.
1943, WN V 437.
Entwurf zu Gerhart Hauptmann zum achtzigsten
Geburtstag 1942 (ÖNB., Cod. Ser, n. 19.442, fol.63)