© 2019 Josef Weinheber-Gesellschaft  Die gesamten Inhalte dieser Website sind urheberrechtlich geschützt   Der Zyklus Zwischen Göttern und Dämonen, dessen jeweils vierteilige Abschnitte bei der sukzessiven Erstveröffentlichung im Inneren Reich noch unter der programmatischen Überschrift Fragment erschienen, sollte in Buchform zunächst den provokativen Titel Zwischenreich tragen. Indem er als Kunstwerk an die Stelle des Essays Im Namen der Kunst tritt, dessen von Langen-Müller für Herbst 1936 angekündigte Veröffentlichung an den sich verschärfenden Bedingungen des Dritten Reichs scheiterte (siehe unten, Kleine Schriften), stellt er das bedeutendste Beispiel für den erwähnten Modus des „öffentlichen Sprechens“ dar (siehe oben, Adel und Untergang): Hier entwickelt Weinheber in einer scheinbar geradezu „durchsichtigen“, zierlos-unpathetischen Sprache die höchste Verdichtung seines philosophischen, zeit- und kulturkritischen Denkens. Fragend und prüfend, ohne feste Antworten parat zu halten, und konsequenterweise unter starker Zuhilfenahme intertextueller (zitathaft-dialogischer) Gestaltungsweisen (Rilke, Hölderlin) wird das bruchstückhaft anmutende Sein und Wesen des Menschen in einer Situation des eklatanten Transzendenzverlustes abgeschritten. Der charakteristische Wechsel der Strophenformen signalisiert, daß einmal in jedem der zehn Oden- Quartette Weinheber selbst hervortritt, pro domo sprechend (sog. „Weinheber-Strophen“), während in den übrigen Gedichten das Gespräch aus anderen, oftmals kontroversen Perspektiven fortgesetzt wird. Aber nicht mehr die ethische Ausnahmeerscheinung – der geistige Heros, das Heldentum der Erkenntnis, das in Adel und Untergang für Kunst und Leben gepriesen und gegen die Zeit behauptet wird – steht im Zentrum der Auseinandersetzung, sondern das trotz allen Zwängen jedem Mögliche: der Mensch der „Mitte“, einer maßvollen Menschlichkeit. Kann und soll der moderne Mensch gegen die Anfechtungen, die ihm aus der Selbstaufgabe im Zeichen der kollektivistischen Ideologien einerseits und aus der Hybris der „instrumentellen Vernunft“ (Horkheimer/Adorno) andererseits erwachsen sind, jene Identität als Individuum bewahren, die erst eine tapfere Besonnenheit zu gewinnen vermag, welche sich aus dem Bewußtsein einer notwendigen transzendenten Seinshierarchie begreift? „Immer nämlich ist ja der Tapfre – und dies / Lied meint nur den Tapfern – besonnen: in der / Mitte zwischen unten und oben: mit dem / Mut zu sich selber. // Wagend unter lauter Betrunknen seine / weiße Nüchternheit, dieses klare Sehn der / Dinge. [...]“ [1] Ihr Hineingestelltsein in eine Beziehung zu den oberen wie zu den unteren Mächten erscheint als das wesentliche und einzig gewisse, von Sprache und Kunst offenbarte Konstituens der von Fragwürdigkeiten und Unsicherheiten verdunkelten Welt: „Dieses eine / „Ich“ bleibe stehn! Es gehört zum Menschen.“ [2]  cf Zwischen Göttern und Dämonen (1938) Anhang Spätwerk